Runter vom hohen Ross! - Die Landtagswahlen in Ostdeutschland

 Drei Landtagswahlen stehen im Fokus von Politik, Medien und Bürgern. Drei Landtagswahlen im Osten Deutschlands, deren Ergebnisse weit in die westlichen Bundesländer hinaus strahlen werden. Denn für die großen Volksparteien wird es immer schwieriger, an frühere Erfolge oder gar absolute Mehrheiten anzuknüpfen. Es geht, wie schon in Hessen, Bayern und Bremen vor allem darum, wer mit wem, wer mit wem überhaupt nicht oder besser nicht koalieren muss, um am Ruder zu bleiben. Allein oder zu zweit geht nichts mehr, wie uns die wöchentlichen Umfragen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen voraussagen.
Die reine Koalitionsmengenaddition, um die 50 Prozent-Hürde zu überspringen, scheint wichtiger, als die politisch am besten geeigneten Partner zu finden. 

Es gehört zur Demokratie dazu, Mehrheiten zu organisieren, um eine arbeitsfähige Regierung zu bilden. Aber der Wahlkampf sollte doch zwingend zuallererst auf das eigene Wählerpotenzial ausgerichtet sein. Erst wenn der Wähler sein Votum abgegeben hat, geht es an Koalitionsgespräche, wenn es notwendig ist. Sonst  macht man nur Wahlkampf für alle anderen. Wer im Vorfeld die Strategie und die Richtung so eingrenzt, dass der Wähler seine CDU nur im Doppel oder Dreifachpack mit Rot-Grün-Rot bekommen kann, findet sich vielleicht auch als Wahlsieger am Ende nur auf der Oppositionsbank wieder. Bremen lässt grüßen, wo der CDU-Wahlsieger jetzt zuschauen kann, wie die vereinten Verlierer SPD, Grüne und Linke den Christdemokraten die lange Nase zeigen. Wer ohne Not seine eigenen, auch wertkonservativen Politikinhalte aufgibt, geht unter in einem Mainstreambrei, der nicht auf dem Wahlzettel steht, der aber eben auch nicht für erkennbare, echte CDU-Politik steht! Kämpfen bis zum Schluss um eigene Positionen, erst dann wird ausgelotet, wie das mit anderen Meinungen zusammenpasst. Das ist Demokratie!

Warum Ostdeutschland ein Zünglein an der Waage ist? Man macht es sich viel zu einfach, wenn man die Bürger in den neuen Bundesländern für ihre angeblich verbreitet „rechtslastige“ Gesinnung beschimpft. Sie sind von der Hitler-Diktatur ohne Umweg in den von Russland diktierten SED-Staat geschlittert. Demokratie wurde mit Waffen unterdrückt. Mit dem Ruf „Wir sind das Volk“ waren es die DDR-Bürger, die den Unrechtsstaat beseitigt und die Wiedervereinigung herbeigeführt haben. Wenn sie sich jetzt vor einer zunehmend „grün-linken Diktatur“ fürchten, muss man ihnen zuhören, sie ernst nehmen und nicht auf intellektuell hohem Ross belehren, wie Staat und Gesellschaft, Umwelt und Wirtschaft und letztendlich sie selbst zu funktionieren haben.
Es ist nicht nur die Erkenntnis vieler Ostdeutscher, abgehängt, mit dem Makel nationaler Gesinnung behaftet und noch längst nicht im Westen integriert zu sein. Es ist die Art und Weise, wie westdeutsche Politiker über dieses Land und seine Bevölkerung sprechen, ohne sich jemals die Mühe gemacht zu haben, die Menschen, ihre Geschichte und ihre Sorgen vor der Zukunft zu verstehen. Dazu bleibt in den wenigen Tagen und Wochen vor den drei Landtagswahlen auch sicher nicht mehr genügend Zeit. Aber es ist Zeit für einen Weckruf, sich wieder auf die Tugenden des miteinander Sprechens, des Zuhörens und des gegenseitigen Respektes zu besinnen, ungeachtet politisch unterschiedlicher Auffassungen. 

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