Kirchenasylveranstaltung in Paderborn – Meinungsbeitrag von Moritz Pöppel 

 Ich habe aus großem Interesse an den unterschiedlichen Standpunkten, aber letztlich auch mit der Hoffnung auf Ehrlichkeit und echte Lösungsansätze an der Podiumsdiskussion „Kirchenasyl – am Rande der Legalität?“ am 8. Oktober teilgenommen. Ausrichter war der Flüchtlingsrat der Stadt Paderborn. Teilnehmer der Podiumsdiskussion waren Christoph Keienburg, Pfarrer und Flüchtlingsbeauftragter des Evangelischen Kirchenkreises, Marcus Baumann-Gretza, Justiziar des Erzbistums Paderborn und der CDU-Landtagsabgeordnete Daniel Sieveke. Moderiert wurde die Veranstaltung von der Journalistin Silvia Hohmann.

Während der Diskussion wurden auch Fragen der Zuschauer zugelassen. Bei einer dieser Fragen aus dem Publikum wurde ein Vergleich zwischen der heutigen CDU-Rhetorik und der Rhetorik der Nationalsozialisten gezogen. Der Vergleich schockiert, die Reaktion darauf noch mehr. Keiner der beiden Vertreter der jeweiligen Kirchen hat diesem mit einer Gegenrede widersprochen. Einzig Daniel Sieveke widersprach diesem indiskutablen Vergleich. Warum die Kirchenvertreter diese Gleichsetzung tolerieren, macht mich bis heute fassungslos. Als Mitglied der CDU und als Katholik begegne ich dem Kirchenasyl mit gemischten Gefühlen. Zum einen als überzeugter Christ, zum anderen als ebenso überzeugter Verfechter des Rechtsstaates und Anhänger eines säkularen Staates. Enttäuscht wurde ich an diesem Abend, da der Eindruck erzeugt wurde, dass wer für die Abschiebung ist, auch unchristlich handelt. Ist es also wirklich unchristlich, unsere Regeln und Gesetze des Rechtsstaates zu beachten? 

Dies wurde noch durch den ungeheuerlichen Vorstoß einer Teilnehmerin verstärkt, die allen Ernstes meinte, dass Richter die Entscheidung über eine Abschiebung gar nicht treffen könnten. Hier gab es auch keine Gegenrede. Wie kann es sein, dass sich die Kirchenvertreter über den Rechtsstaat stellen? Gerade vom Justiziar des Erzbistums Paderborn hätte ich dort eine differenzierte Meinung erwartet. Diese Veranstaltung lässt mich ratlos zurück, da die Vertreter der Kirche mir das Gefühl vermittelt haben, eine Mitgliedschaft in der katholischen Kirche und der CDU sei nicht mehr vereinbar. Es wäre wünschenswert, hätten die Kirchen die gleichen moralischen Ansprüche auch an sich selbst gestellt. Wo waren die Kirchen, als die Stadt Paderborn ihre Hilfe in der Hochphase der Flüchtlingskrise brauchte? Warum wurden nicht alle Pfarrzentren spontan zu Notunterkünften, statt sie jetzt für „handverlesene“ Einzelne zu Asylzentren gegen den Rechtsstaat zu positionieren? Diese Gegenfrage mag ebenso provokativ bei Kirchenvertretern ankommen, ich jedenfalls werde Repräsentanten der Kirchen in meinem persönlichen Umfeld nach ihrer Meinung hierzu fragen.

Foto: © Christoph Brauner