Bei den Hütern der Landesverfassung

 Der Rechtsausschuss des Landtags Nordrhein-Westfalen, dem der Innenausschussvorsitzende Daniel Sieveke als Mitglied angehört, hat seine 33. Sitzung als auswärtige Sitzung beim Verfassungsgerichtshof in Münster durchgeführt. Am Beginn der öffentlichen Sitzung stand ein Gespräch mit den Mitgliedern des Verfassungsgerichtshofs. Neben Präsidentin Dr. Ricarda Brandts nahmen daran die Vizepräsidentin des Verfassungsgerichtshofs, Margarete Gräfin von Schwerin, sowie die Mitglieder Prof. Dr. Andreas Heusch und Dr. Claudio Nedden-Boeger teil. 


Präsidentin Dr. Brandts stellte zunächst das Gericht vor und berichtete zur geänderten Struktur seiner Aufgaben. „Der Verfassungsgerichtshof ist durch die zum 1. Januar 2019 erst einfachgesetzlich eröffnete und mit Wirkung vom 24. April 2019 nunmehr auch in der Landesverfassung verankerte Individualverfassungsbeschwerde zu einem Bürgergericht geworden“, stellte die Präsidentin fest. Seit Jahresbeginn habe jeder die Möglichkeit den Verfassungsgerichtshof anzurufen, um seine durch die Landesverfassung garantierten Rechte gegenüber dem Land durchzusetzen. Dies habe, so Dr. Brandts, nach den ersten Erfahrungen erhebliche Auswirkungen auf die Aufgabenstruktur und damit auch auf die Arbeitsweise des Verfassungsgerichtshofs.


An den Bericht der Präsidentin schloss sich ein Gedankenaustausch mit den Abgeordneten an. Im weiteren Verlauf der Sitzung behandelte der Rechtsausschuss unter anderem verschiedene Gesetzentwürfe und nahm mehrere Berichte der Landes­regierung entgegen. Unter anderem ging es um den aktuellen Sachstand des Ermittlungsverfahrens in Sachen Kindermissbrauch in Lügde, um Übergriffe auf Gerichtsvollzieher, die Vergütung von Berufsbetreuern und das Gesetz zur Änderung der NRW-Landesverfassung zur Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre.


Der Verfassungsgerichtshof ist Gericht und Verfassungsorgan zugleich. Er ist mit unabhängigen Richterinnen und Richtern besetzt, die nur auf Antrag innerhalb bestimmter Zuständigkeiten in einem gesetzlich geordneten Verfahren nach rechtlichen Maßstäben verbindlich entscheiden. Als Verfassungsorgan tritt der Verfassungsgerichtshof gleichberechtigt neben Landtag und Landesregierung und ist diesen gegenüber unabhängig. Er ist keinem Ressort der Landesregierung, insbesondere nicht dem Justizministerium nachgestellt. Er regelt seine Angelegenheiten im Rahmen der Verfassung und der Gesetze selbst. Mit seinen Entscheidungen nimmt er an der Staatsleitung teil.


Die Zuständigkeiten des Verfassungsgerichtshofs ergeben sich aus der Landesverfassung und dem Gesetz über den Verfassungsgerichtshof. Danach entscheidet er u.a. über den Ausschluss von Vereinigungen und Personen von der Beteiligung an Wahlen und Abstimmungen, über Beschwerden im Wahlprüfungsverfahren bei Landtagswahlen, über die Anrufung gegen die Entscheidung der Landesregierung über die Zulässigkeit eines Volksbegehrens, über Beschwerden von Vereinigungen gegen ihre Nichtanerkennung als Partei für die Wahl zum Landtag, über Verfassungsbeschwerden von Gemeinden und Kreisen, mit denen diese eine Verletzung ihres durch die Landesverfassung eingeräumten Rechts auf Selbstverwaltung geltend machen (kommunale Verfassungsbeschwerde) und seit dem 1. Januar 2019 über Verfassungsbeschwerden von Bürgerinnen und Bürgern (Individualverfassungsbeschwerde).

Foto: © Ann-Kathrin Küsters